Selbstermächtigung + Trauma + Kulturwandel

Ich habe diesen Sommer zweierlei verstanden – nämlich, dass es Zeit wird, mich von meiner inneren Opferrolle zu verabschieden. Und ich habe verstanden, dass die Eisberge uns wie ein Spiegel zeigen, was eigentlich unser Job wäre: unsere inneren Eisberge zu schmelzen.

Abschied von der Opferrolle

Es begann damit, dass ich tief in mir merkte: ich hänge innerlich in meiner Entwicklung und komme nicht weiter, ich kreisele oder stehe noch auf der Bremse.

Also hielt ich inne und gestand es mir ein, dass es so ist wie es ist.
Nicht so rühmlich…aber jedenfalls ehrlich ;)

Dann kam in mir eine Entschiedenheit: „So will ich es nicht mehr! Ich habe mich lange genug in einer inneren Schleife gedreht – jetzt darf es enden und sich ändern!
Es blieb nur die offene Frage: wie…..?

Ermächtigung – es für möglich halten

Mein Körper reagierte auf die innere Entscheidung und entwickelte ein Hautsymptom – das habe ich als gutes Zeichen verstanden: Mein System merkte, dass ich es ernst gemeint hatte mit meinem Entschluss.
Was mir sehr gut getan hat, war, dass ich dann ganz viel am Wasser war. Der Schwarzwald hat wunderbare Bäche, überall plätschert und fließt es. Auch die Ostsee tat gut und meine jetzige Heimat in Baden-Württemberg hat einen Fluss und viele Bäche.
So konnte auf einer tiefen Ebene schon etwas in Fluss in eine Lösung kommen…

„…auch wenn ich noch nicht weiß wie.“

Wie passend, dass ich im September ohnehin für das RISE! Training von den Pioneers of Change angemeldet war, bei dem es um Selbstermächtigung gehen sollte. Das war eine gelungene, überraschende, powervolle und erfahrungsreiche Woche. Kann ich empfehlen! Bei mir arbeitet es immer noch nach…. so dass ich hier schreibend verdaue ;)

Was mir bewusst wurde: Es schien mir bisher vermessen, jemals den Raum meines Unterbewusstseins in Besitz zu nehmen. Wir tragen alle so viel „Eingemachtes“ mit uns herum, das in irgendwelchen Kellerräumen liegt. „Wie kann ich mit all dem Unbewussten jemals in Gänze Frieden schließen und es integrieren, dachte etwas in mir. Es kommen doch immer wieder neue Schatten, Traumen, ungefühlte Gefühle zutage. Und ich kann bestenfalls immer wieder darauf reagieren. Aber ich kann nie agieren.“

Aha, da war sie, die Opferhaltung und der Kern meiner Überzeugung….

Jetzt ahne ich, dass es darum geht, genau dort in meine Selbstermächtigung zu gehen, wo ich es mir bisher nicht zugetraut habe.

Kennst Du das? Bei Traumata bin ich am ehesten an diesem Punkt, dass ich es für nicht möglich halte, da in eine Lösung zu kommen… mir erscheinen die Traumata ein so großes, unermessliches Reservoir, gerade weil so viele Ebenen hereinspielen – biografisch, systemisch, karmisch, in parallelen Leben, und kollektiv oder in Gruppenkontexten.
Ich kenne gute Wege, mit Trauma umzugehen. Aber eine wirkliche Lösung ist etwas anderes… So wurde mir bewusst:

Genau da braucht es die Selbstermächtigung!
Dass ich nicht verhärten, abschalten, mich ablenken, mich überrollen lassen oder damit abfinden muss, dass es so ist wie es ist.

Ich darf erkennen, dass es nicht meine Schuld ist, dass ich mich nicht zu schämen brauche.
Ich darf erkennen, dass
ich nicht makelhaft oder schlechter als andere bin, weil ich Trauma fühle oder Traumafolgen oder mit hartnäckigen körperlichen Symptomen zu tun habe.

Nur, dass es mir so geht, heißt nicht, dass andere nicht auch drankommen. Oder vielleicht haben sie andere Aufgaben. Wer weiß. Ich bin eben Spezialistin genau hierfür. Das ist sehr wertvoll und ich versperre mir ab jetzt nicht mehr selbst den Zugang zu dem, was heilen, gesehen werden, gefühlt werden möchte, indem ich mich mit einer vermeintlichen Schuld oder Scham aufhalte.

Ich darf es für möglich halten, dass ich auch das erhellen, fühlen, in Frieden bringen kann, was mir bisher nicht möglich war.
Ich darf es für möglich halten, dass sich Türen und Wege finden für all das, was mir bisher viel zu groß und zu überfordernd oder unheilbar erschien.
Ich darf es für möglich halten, dass mein Herz auch an den Stellen weich wird, wo es bisher verschlossen oder gar blind war.
Ich darf es für möglich halten, dass es eine Lösung in all dem, mit all dem, für all das so schwer Greifbare und die körperlichen oder seelischen Symptome gibt.

Ich bin der Schlüssel dafür – besser gesagt, meine Haltung.
Nämlich zu allererst, dass ich es für möglich halte.

Unser Unterbewusstes – kein Eisberg…

Beim „Eisbergmodell“ ist nur ein kleiner Teil über der Wasseroberfläche, der größte Teil ist unter Wasser und nicht sichtbar. Der sichtbare Teil repräsentiert das, was uns bewusst ist, der andere das individuelle und kollektive, systemische und karmische Unbewusste.
Das Bild vom Eisberg impliziert die Grundannahme, dass es gar nicht möglich ist, den unteren Teil des Eisbergs je zu erfassen oder zu durchdringen.
Das möchte ich hier mal in Frage stellen. Ich glaube wir sind gesellschaftlich an dem Punkt, dass das menschliche Bewusstsein dabei ist, sich seiner bewusst zu werden.
Und das bedeutet aus meiner Sicht einen Quantensprung.
Wir können etwas ermöglichen, das Generationen und aber Generationen vor uns nicht möglich war.

…oder besser ein unbeleuchteter Raum?

Und deshalb wähle ich ein anderes Bild, um die Macht des Bildes vom Eisberg zu verwandeln:

Ich ersetze es durch einen riesigen noch unerleuchteten Raum.

Dieses Bild von Unterbewusstsein birgt für mich mehr Selbstermächtigungs-Potential: wenn ich nur ein Streichholz anzünde, wird der Raum schon erhellt. Und wenn ich dann schemenhaft etwas wahrnehme, dann kann ich ganz bei mir, meinem Licht, meiner Vision von dem, was ich mir wünsche, bleiben. Ich kann hinschauen, fühlen, meinen Körper spüren mit all dem Unangenehmen und darin weich werden.

Trauma als verpackte Geschenke

In Traumata liegt ein Potential, das es zu sehen, würdigen und zu berühren gilt.
Dann ent-wickelt es sich. Traumata sind wie verpackte Geschenke – oder Liebe, Lebenskraft und Verbindung, die sich entfalten und wieder sprießen möchte. Das ist doch wunderbar!
Ich bin als Schöpferin gefragt, mich auszurichten auf das, was ich mir wünsche. In all diesem Halbdunkel ;)
Ich nehme meine Macht an, es für möglich zu halten.
Ich spüre das in Körper und in all meinen Zellen.
Ich werde weich in all dem, was unangenehm ist.
Ich fühle die Akzeptanz, die Wärme, das Wohlwollen, das Mitgefühl hinein in all das Unangenehme, in all die Spannung.
Aber dann gebe ich meine Macht ab.
Denn ich kann es nicht „machen“.

Eine Person fühlt für alle

Was ich spannend finde und ein unglaubliches Potential, ist, dass wir das nicht alleine tun, sondern beginnen, das in Gruppen zu spüren.

Wenn wir uns als Einheit, als Gesamtwesen sehen – wie eine Amöbe vielleicht – dann ist es leichter, weil wir uns zugleich als Gruppe in unseren Nervensystemen gegenseitig stabilisieren. Das ist das, was Steven Porges mit der Polyvagal-Therorie belegte.
Es fällt uns in einer Beziehung oder einer sicheren Gruppe, die Offenheit und Wohlwollen ausstrahlt, viel leichter mit traumatischem Material umzugehen. Ich nenne es „tragende Felder“, Martin Kirchner spricht von „Sozialen Wärmefeldern“.

Und: wenn wir die Gruppe als ganzes bereifen, dann sehen wir nicht mehr eine Person mit ihrem Thema, und eine andere Person mit ihrem. Damit umgehen wir die Türwächter von Schuld und Schamgefühlen, die das Eigentliche versperren, die uns verwirren und uns von den wirklichen Gefühlen abhalten.

Schön ist, wenn wir begreifen: das, was Du fühlst, hat etwas mit mir UND hat etwas mit unserer Gruppe, unserem Feld zu tun, denn sonst würde es hier nicht auftauchen.
Eine Person drückt einen Aspekt aus, der in der Gruppe vorhanden ist und mitschwingt.
Wenn wir sagen oder denken: „Das ist Deines und nicht meines – das gehört hier nicht herein.“
dann grenzen wir aus und bewerten und haben die Chance verpasst, genau dort hinzuschauen.
Was helfen würde wäre langsam zu werden, uns zu öffnen, zuzuhören, zu spüren. Und zu forschen, zu ent-wickeln und zu lernen. Alles ist ein verpacktes Geschenk...

Gehen wir in die Polarität oder in die unsichere Offenheit?

Die Welt draußen lädt uns fortwährend zu Polarisierung und Bewertung ein.
Es ist oft einfacher zu sagen „das ist schlecht und das darf nicht sein!“
oder „das ist gut und das braucht es unbedingt!“
als die Spannung in sich zu spüren und die Not und den Schmerz oder die Ohnmacht, die hinter beidem steckt.  Das tut halt weh…

Auch ich rutsche in Extremsituationen in die Identifizierung und in meine Muster herein. Unschön, und unelegant, aber so sind wir halt alle – menschlich ;)

Mit Hilfe von anderen, in einer gemeinsam schauenden Gruppe ist es jedoch möglich, genau in diese Trauma-Muster zu schauen und sich dadurch und jenseits davon zu bewegen. Den Kopf zu heben und den unerleuchteten Raum nicht als gegeben und unerforschbar hinzunehmen.

Ein Hoffnungs-Schimmer :)

Wenn ich oder wenn wir in der Gruppe langsam werden, und demütig und mich interessiere…. Dann öffnet es etwas in mir. Und etwas Licht des Bewusstseins fällt herein.
Und die Gruppe und mein Herz beinhaltet und trägt und hält – und etwas kann sich offenbaren – und sich wieder verbinden.
So kann Neues kann in diesen offenen Raum hereinkommen – dann, wenn es Zeit ist.

Ich empfinde es als großes Geschenk, dass ich mit den Tauberpionieren eine Gruppe habe, in der ich in dieser Richtung forsche. Dank Euch! :)

Das, was DU spürst und fühlst,
ist auch das, was MICH heilt,
und was Teil von mir und von uns ist.

Deshalb: verstecke, vermeide, verberge es nicht!
Denn das ist der Kitt, den wir brauchen. Er heilt, er erneuert, er verbindet.
Und er weist über uns selbst hinaus.
Das ist Selbstermächtigung in Gemeinschaft und in einer neuen Kultur:
Wir sind eins.
Wir können uns nur hingeben in das Neue, in das Göttliche,
wenn wir zuvor aufgestanden sind und genau das für möglich halten.

Erheben wir uns dahinein. Let´s RISE!

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